Am 5. Oktober wurde im Rathaus das Münchner AzubiWerk gegründet. In der Mittagspause der Stadtratssitzung unterzeichneten Bürgermeisterin Verena Dietl, KJR-Vorsitzende Judith Greil sowie Kristofer Herbers, Jugendsekretär der DGB-Jugend München, das Gründungsdokument des „Auszubildendenwerk München e. V.“
Weitere Gründungsmitglieder sind Sozialreferentin Dorothee Schiwy, Stadtbaurätin Elisabeth Merk, Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner, Personalreferent Andreas Mickisch und Stadtschulrat Florian Kraus. Die prominente Besetzung zeigt, welche Bedeutung die Stadt dem AzubiWerk beimisst.
Denn das AzubiWerk geht ein drängendes Problem an. Es wird für bezahlbaren Wohnraum für junge Menschen in Berufsausbildung sorgen, also für Auszubildende, Schülerinnen und Schüler an beruflichen Schulen und Studierende im Dualen Studium. Und das in einer bundesweit einmaligen Form: Die jungen Menschen werden nicht nur günstig wohnen, sondern echtes Mitspracherecht haben.
Dem KJR und der DGB-Jugend München sind – neben niedrigen Mieten – die Selbstverwaltung und Mitbestimmung der Bewohner*innen ein besonderes Anliegen.
„Junges Wohnen ist mehr als Zimmer, Küche, Bad“, sagt Judith Greil. „Junge Menschen wollen Gemeinschaft erleben, ihren Wohnraum gestalten und Verantwortung dafür übernehmen. So werden die Wohnprojekte des AzubiWerks nicht bloß günstige Unterkünfte, sondern Impulsgeber für demokratisches, inklusives und gemeinschaftliches Wohnen.“
Die künftigen Bewohner*innen sollen ein Budget für gemeinsame Projekte und Aktivitäten bekommen und in eigenverantwortlich organisierten Hausversammlungen beispielsweise über die Nutzung der Gemeinschaftsräume, der Freiflächen und der gemeinschaftlichen Dachterrassen bestimmen. Im Vorstand des AzubiWerks können sie zudem die künftigen Bauvorhaben mitplanen.
„Als Interessensverbände für Jugendliche haben wir durchgesetzt, dass Jugendliche ein echtes Mitspracherecht im AzubiWerk haben“, betont Kristofer Herbers. „Im Vorstand werden die Jugendlichen gleichberechtigt mit der Stadtverwaltung vertreten sein und somit junge Perspektiven einbringen können!“
Nach dem 2019 eröffneten Azubi-Wohnheim am Innsbrucker Ring, das ins AzubiWerk integriert wird, folgt im ersten Quartal des kommenden Jahres jenes am Hanns-Seidel-Platz. Dort entstehen 211 Appartements, in die städtische Auszubildende, Lehrlinge von Münchner Betrieben sowie Azubis, die sich dafür bewerben, einziehen können. Es wird Wohnungen mit 14, 16 sowie Doppel- und Familienapartments mit 35 Quadratmetern geben. Durch Zuschüsse der Stadt oder der ausbildenden Betriebe soll die Warmmiete unter 350 Euro liegen.
Solcher Wohnraum ist für junge Menschen in Ausbildung auch dringend nötig. Wie sehr, das zeigt die KJR-Wohnungsberatung. „Hier registrieren wir eine stark steigende Zahl junger Menschen, die verzweifelt nach einer Unterkunft suchen“, berichtet Greil.
Im Ballungsraum München müssen Auszubildende und Studierende mit vielen anderen um den knappen Wohnraum konkurrieren. Sie haben zudem noch mit einem weiteren Problem zu kämpfen, erklärt Herbers. „Azubis müssen im Laufe ihrer Ausbildung oft den Wohnort oder die Wohnung wechseln. Sie sind also in kurzer Zeit mehrmals den Preissteigerungen bei Neuvermietungen ausgesetzt. Deshalb ist ein auf sie besonders zugeschnittenes, bezahlbares Wohnungsangebot so wichtig!“
Weitere Unterkünfte sind bereits in Planung. In Freiham entstehen bis zu 200 Wohnungen auf einem städtischen Grundstück, in der Riemer Leibengerstraße werden in Kooperation mit dem Personal- und Organisationsreferat der Stadt 141 Wohnungen gebaut. Zudem laufen Gespräche mit freien Trägern über eine Zusammenarbeit bei der Schaffung von günstigem Wohnraum. Das Ziel sind 1000 neue Wohnungen bis zum Jahr 2026.
Für Kreisjugendring München-Stadt und DGB-Jugend München ist das AzubiWerk ein wichtiger Schritt, um die Wohnsituation von jungen Menschen in Ausbildung zu verbessern. Sowohl Greil wie auch Herbers sehen jedoch die Politik in der Pflicht.
„Wir fordern den Freistaat Bayern auf, seine Hausaufgaben zu machen und insbesondere Wohnheimplätze für Studierende – Stichwort Studentenstadt – und für Azubis in ganz Bayern zu sanieren und auszubauen“, sagt Greil. Gerade aus der Sicht junger Menschen seien hier staatliche Eingriffe zur Lenkung des Wohnungsangebots notwendig. „Wohnen ist eben keine beliebig austauschbare Ware, deren Herstellung und Preis ausschließlich den Kräften des Marktes überlassen werden kann.“ Dies hat der KJR in seinen Jugendpolitischen Forderungen formuliert.
Von der Kommunalpolitik erwartet der KJR unter anderem, junge Menschen als besonders unterstützungswürdige Zielgruppe beim geförderten Wohnungsbau zu berücksichtigen und eine zentrale Stelle einzurichten, die junge Menschen bei der Wohnungssuche mit der Vermittlung von bezahlbarem privatem und öffentlich gefördertem Wohnraum unterstützt. Zudem sollen Bauträger verpflichtet werden, bei der Entwicklung von Neubaugebieten auch auf Wohnraum für junge Menschen zu achten, sei es mit 1-Zimmer-Appartements, kleinen, bezahlbaren Wohnungen, WG-geeigneten Wohnungen oder Wohnheimen.
Mit dem AzubiWerk wollen KJR und DGB-Jugend auch ein Zeichen über die Stadtgrenzen hinaus setzen, sagt Kristofer Herbers. „Das AzubiWerk wird ein Leuchtturm, der anderen Kommunen als Vorbild dienen soll – und so jungen Menschen hoffentlich auch anderswo zu einer erschwinglichen Bleibe verhilft.“