Seit 2017 war das Demokratiemobil im Einsatz zu unterschiedlichen Arten von Wahlen, darunter Bundestagswahl, Landtagswahl, Europawahl und Kommunalwahl. 2022 stand keine Wahl bevor. Trotzdem war das Demokratiemobil mit der neuen Leiterin Ulrike Ahnert im Oktober innerhalb von acht Tagen in Moosach, Trudering-Riem, Bogenhausen, Maxvorstadt, Sendling, Berg am Laim und Ramersdorf-Perlach unterwegs. Ziel war es, mit Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen und sie dabei zu informieren, sie zum Nachdenken anzuregen und ihnen Mut zur politischen Teilhabe zu geben.
Für die Umsetzung gab es das Demokratiemobil-Team, das die Teilnehmenden betreut hat und die Angebote vor Aktionsbeginn aufbaute. Zum Schluss wurden die Ergebnisse der Aktionen evaluiert. Das Team bestand aus 16 Ehrenamtlichen, die sich unter anderem auch bei der Stadtschüler*innenvertretung München, Johanniter-Jugend und Evangelischen Jugend München engagieren. Sie wurden in einem Trainingsworkshop von Ulrike Ahnert auf die Tour vorbereitet. Neben dem Einsatz der Ehrenamtlichen unterstützen auch Mitarbeitende des KJR aus den Jugendzentren Mooskito und M10City sowie der Abteilung Junges Engagement und der Fachstelle Partizipation tatkräftig an Einsatztagen. Zusätzlich war die ehemalige Projektleiterin Theresa Baum bei den ersten Tagen der Tour dabei, um zu unterstützen und ihre Erfahrungen zu teilen sowie Tipps weiterzugeben. Die Fachstelle Inklusion und die Abteilung Junges Engagement brachten zudem ihre Fachkenntnisse und Kompetenzen in der Vorbereitung der Methoden mit ein.
Die Freizeiteinrichtungen und andere umliegende Einrichtungen haben dem Demokratiemobil ihre Häuser und Innenhöfe zur Verfügung gestellt, darunter die Freiwillige Feuerwehr in Moosach, das Spiel- und Bildungszentrum Sendling, der Nachbarschaftstreff Ramersdorf-Süd, der Kinder- und Jugendtreff Zeugnerhof, die Oase Neuhausen, der Jugendtreff Cosimapark und das M10City.
Insgesamt haben sich 1220 Teilnehmende anhand der Methoden mit verschiedenen politischen Themen beschäftigt: demokratische Werte, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Diskriminierung, Klimakrise, Kinderrechte, körperliche Selbstbestimmung und Utopien eigener Stadtgestaltungen. Die Anzahl der Teilnehmenden war abhängig von Ort, Tag und Wetter. Überwiegend haben Kinder und Jugendliche teilgenommen, die Beteiligung von jungen Erwachsenen war gering. Die höchste Teilnahme – circa 350 – konnte das Demokratiemobil am Willy-Brandt-Platz in Trudering-Riem verzeichnen.
Die Teilnehmenden fanden es gut, dass das Demokratiemobil politische Bildung auf der Straße umsetzte und wünschten sich, zukünftig ein solches Angebot wahrnehmen zu können. Außerdem setzten sich die Bürger*innen zum Teil mit Themen auseinander, die sie zuvor nicht gekannt hatten, beispielsweise Bedeutung der Demokratie, Politik, Privilegien und Kinderrechte. Besonders erfreulich war, wenn ein „Aha-Effekt“ das Erlebnis am Demokratiemobil abrundete.
Mitgemacht haben besonders viele Passant*innen beim bunten Glücksrad, vor allem Kinder und Jugendliche. Hier konnten sie eines der elf Kinderrechte zu den Beteiligungsrechten, Förderrechten oder Schutzrechten einordnen. Häufig ging ein Gespräch darüber, was Beteiligung und Förderung bedeuten, voraus. Danach fiel die Einordnung leicht.
Zu der Frage „Wie wenden wir die Klima-Krise ab?“ sollten Maßnahmen als wichtige oder unwichtige Werte auf einer Waage abgewogen werden. Das Thema „Veganismus“ führte häufig zu längeren Diskussionen, viele meinten, dies sei zu einseitig und bräuchte zu viel Zeit.
Es wurden neue Werte hinzugefügt, zum Beispiel „Sonntags soll Auto fahren verboten sein“.
Die Kinder, die teilgenommen haben, hatten viel Wissen zur Klimakrise und großes Interesse, mehr Lösungsstrategien kennenzulernen.
Bei der Gestaltung von einem „perfekten Platz“ im eigenen Viertel wurde der Wunsch nach frischer Luft und vielen Bäumen geäußert. Ein weiterer Wunsch waren Haustiere.
Außerdem erfolgten Positionierungen zu Aussagen aus der „Leipziger Autoritarismus-Studie 2020“ und „Mitte Studie 2022“, die Teil einer rechtsextremen Ideologie sind. Diese wurden unterschiedlich interpretiert. Die Aussage, dass Gewalt zur Umsetzung politischer Ziele moralisch gerechtfertigt sein kann, wurde ein wenig zugestimmt, da die Polizei auch ein Gewaltmonopol habe, die sich für die Umsetzung von demokratischen Werten einsetzen würde.
Weitere Gesprächsthemen waren Homosexualität, Rassismus-Erfahrungen, Medien, der Sinn des Lebens, eigene Lebensgeschichten, Religion und Krieg.
Die Teilnehmenden waren skeptisch gegenüber der Politik. Politiker*innen würden anders handeln, als sie es zuvor versprechen, und könnten sich schlecht in die Lage der Bürger*innen hineinversetzen. Gespräche und Diskussionen haben auch zwischen Teilnehmenden stattgefunden, die sich zuvor nicht kannten.
Abschließend gab es ein Abschiedsessen des Demokratiemobil-Teams, bei dem Erfahrungen der Tour ausgetauscht und Verbesserungsvorschläge besprochen wurden.
Ginger Whiting