Fachtag „Recht auf Spiel.Straße“

— ausführlichere Dokumentation des Fachtags als PDF zum Download —

Gutes für Kinder und Jugendliche auf die Straße bringen! – Am 27. September fand der Fachtag „Recht auf Spiel.Straße“ in der OASE Neuhausen – Abenteuerspielplatz und Jugendtreff mit knapp 50 Teilnehmenden aus vielen verschiedenen Fachrichtungen und mit einem lebendigen Austausch statt.

In den UN-Rechten für Kinder und Jugendlichen ist das Recht auf Spiel verbrieft. Aber gilt dies auch für Straßen? Junge Menschen sind heute größtenteils vom Straßenbild verschwunden – denn es gibt viel mehr Autos als früher, so die Feststellung von Mit-Veranstalter Gerhard Knecht von Spiellandschaft Stadt e.V. Ziel des gemeinsamen Fachtags war es, zu diskutieren, wie der öffentliche Raum veränderbar und lebenswerter gemacht werden kann. Anna Hanusch, Stadträtin und Vorsitzende des Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg konstatierte: Alle wollen viele Bäume und sichere Straßen für ihre Kinder. Die Lobby sei jedoch nicht stark genug.

Cornelia Dittrich vom „Bündnis Temporäre Spielstraßen“ aus Berlin war als Referentin eingeladen, von ihren Erfahrungen zu berichten. Von Bremen inspiriert, hat es acht Jahre gedauert, bis das Projekt in Berlin tatsächlich zur Umsetzung kam. Seit 2020 hat das Bündnis finanzielle Unterstützung der Berliner Landesregierung. So kommt man heute auf stolze 1400 Spielaktionen mit 5592 Stunden Spielzeit.

Das Verhältnis in Deutschland von Autos zu Kindern ist 5 zu 1

Es sei höchste Zeit für die Rückeroberung der Straße, davon können temporäre Spielstraßen nur ein kleiner Baustein sein, so Cornelia Dittrich. Ein passenderer Begriff wäre jedoch „Nachbarschaftsstraße“. Dabei wird ein geeignetes Stück Nebenstraße regelmäßig gesperrt und wird zum Begegnungsort. Nicht gemeint sind Straßenfeste! Es hätten auch „nur“ drei Stunden in der Woche schon einen positiven Effekt. Es sei günstig, flexibel, jahreszeitlich differenzierbar und: Parkplätze fallen nur wenige Stunden weg und es gäbe keinen nächtlichen Vergnügungslärm.

Weil man abends wieder parken darf, werden die temporären Spielstraßen gut akzeptiert

Rebecca Gepperth aus dem Münchner Mobilitätsreferat (MOR) gab einen Input zu den Münchner Sommerstraßen, die es seit 2019 gibt. Es sollten die Ziele der Verkehrswende gestärkt und ein Freiraum und Begegnungsort ermöglicht werden. Konkret werden die Münchner Bezirksausschüsse (BA) jeden Herbst vom MOR gebeten, Straßen zu nennen, die fürs kommende Jahr für eine Teilnahme in Frage kämen. Im weiteren Verlauf finden Ortstermine und Bürger*innen-Beteiligung statt und es werden Gestaltungskonzepte entwickelt. Am Schluss entscheidet der BA über die Teilnahme.

Mobilität erhitzt die Gemüter

Auch Rebecca Gepperth bestätigte, dass mehrwöchige Spielstraßen weitaus kontroverser sind als temporäre. Und: Die Klagefreundlichkeit der Menschen sei gestiegen. Davon sollte man sich zwar nicht aus der Ruhe bringen lassen, dennoch wird München, wie auch Berlin, in Zukunft vermehrt auf die temporären Spielstraßen setzen.

Über die Erfahrungen aus dem transdisziplinären, dreijährigen Forschungsprojekt der medial viel beachteten Kolumbusstraße in der Au berichtete die dritte Referentin, Mareike Schmidt von der Technischen Universität München. Im Fokus stand die Frage „Wie soll das Leben in Zukunft aussehen und wie kommen wir dahin?“ Klar sei: Der öffentliche Raum, der auch Straßen beinhaltet, gehöre allen und er müsse neu verteilt werden.

Es wurde u.a. Rollrasen ausgelegt, es gab Hochbeete, Sitzbänke sowie eine Sandfläche. Neben den Familien nutzen auch Senior*innen, Berufstätige und Jugendliche den Raum. Grünflächen, Hochbeete und Sitzmöglichkeiten bekamen gutes Feedback. Bewohner*innen, die direkt an der Fläche wohnten, waren weniger zufrieden als diejenigen in der Umgebung.

Es treffen viele verschiedene Bedürfnisse aufeinander

Ein Learning war, dass Veränderung frühzeitig und umfassend über verschiedene Kanäle kommuniziert werden muss. Sehr kontrovers wurde das Thema „Parken“ diskutiert, obwohl viele der parkenden Autos nur sehr selten bewegt werden. Die Interessen und Bedürfnisse der Kinder gerieten in dem Projekt eher ins Hintertreffen.

Im Anschluss wurden die drei sehr unterschiedlichen Praxisbeispiele Südliche Auffahrtsallee, Straße.Oase und Hanebergstraße aus München vorgestellt und nach dem Motto „Wie gehen wir es an?“ Ideen zur Umsetzung gesammelt. Moderatorin Elisabeth Raschke fasste abschließend zusammen: „Dabei sein muss schöner sein als dagegen sein!“.

 Der Fachtag war eine Kooperationsveranstaltung des Kreisjugendring München-Stadt mit Spiellandschaft Stadt e.V. und dem Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg.

 Anne Rathjens, KJR

Auch HALLO München hat darüber berichtet …

… und von Radio LORA gibt es einen Beitrag dazu …