Die Sonne leuchtet golden zwischen den Propyläen an der Westseite des Königsplatzes. „Photosynthese“ von Dilla wummert von der Mainstage herüber, der Bass ist zu stark hier hinten. Einige Festivalgäste diskutieren neben mir, wie man am besten eine Vulva malen könnte, ich wische mir meine Hände, die voll von Klitzers Glitzer sind, an der Hose ab. Ich schaue mich um. Am Stand neben uns wird mit Jusos und Jungen Grünen über bezahlbaren ÖPNV philosophiert, ein paar Meter weiter gibt es „FCK NZS“-Tattoos von der Gewerkschaft.
Bei uns – am Stand des Demokratiemobils – gibt es eine kaum übersehbare, riesige selbstgebastelte Glitzer-Klit, kurz Klitzer, ausgefallene Kunstwerke von behaarten und unbehaarten Vulven, Nagellack und ganz viele Infos über LGBTQIA+. Es gibt auch Bänder und Banner, die an das OEZ-Attentat vom 22. Juli 2016 und seine Opfer erinnern: Armela, Can, Dijamant, Giuliano, Hüseyin, Roberto, Selcuk und Sevda. Junge Menschen bleiben kurz stehen und knüpfen die Bänder an einen großen Ring, ein Stoffkranz zum Gedenken entsteht. Erinnern heißt sich verbünden. Rassismus tötet.
Deshalb: Aufklärungsarbeit, Erinnerungsarbeit, niedrigschwellige politische Bildung – abgestimmt auf die Zielgruppe, offen und progressiv, kreativ und persönlich.
„Darf ich auch mal drehen?“ – Ein Mädchen holt mich aus meinen Gedanken zurück. „Selbstverständlich“. Sie und ihre Freundinnen drehen am Glücksrad, Wahrheit oder Pflicht ist das Spiel. Wahrheit, bestimmt das Rad, und ich stelle ihnen Fragen zu LGBTQAI+. „Kennt ihr eine berühmte queere Persönlichkeit?“ – „Conchita Wurst!“, ruft eine aus der Gruppe stolz.
Cool, all diese bunten, diversen, motivierten und offenen jungen Menschen zu sehen. Insgeheim wünschte ich mir, dass es so ein Angebot auch für mich gegeben hätte, als ich achtzehn war.
Julia Weissteiner, Praktikantin Demokratiemobil, KJR