Die Beteiligung junger Menschen und wie diese verbessert werden kann stand im Mittelpunkt der Herbstvollversammlung. Höhepunkt war jedoch ein Abschied nach 30 Jahren, bei dem der Saal sich zum Applaus erhob.
Wie können Jugendliche und junge Erwachsene ihre Wünsche und Bedürfnisse in München besser einbringen? Das war der Schwerpunkt der Herbstvollversammlung am 15. November in der Jugendkirche der Evangelischen Jugend München. An acht Themeninseln diskutierten die knapp 90 Delegierten der Münchner Jugendverbände bessere Möglichkeiten der Partizipation, etwa in der Schule, in Ausbildung und Studium oder in der Stadtpolitik.
Dass es jungen Menschen nicht einfach gemacht wird, sich etwa im Bezirksausschuss oder in einer Bürgerversammlung einzubringen, wurde bei der Themeninsel „Regionale Lebenswelten“ schnell klar. „Information über Social Media fehlt an vielen Stellen“, war einer der Kritikpunkte, zumal Social Media für viele Jugendlichen und junge Erwachsene der wichtigste Informationskanal ist. Nötig sei, so eine Forderung, Jugendliche aufzusuchen und für sie niedrigschwellige Möglichkeiten der Beteiligung zu schaffen. Auch Jugendverbände könnten selbst aktiv werden, so ein Vorschlag, und mit Jugendgruppen Einrichtungen im Sozialraum besuchen, um so die Hemmschwelle zu senken und den Kontakt zu ermöglichen.
„Lasst uns 2023 zum Jahr der Partizipation machen!“
Dass die Delegierten mit solchen Ideen offene Türen einrennen, machte Stadträtin Lena Odell schon in ihrem Grußwort für die Landeshauptstadt klar. Sie räumte ein, dass sie sich mehr wünsche, als schon erreicht sei – dass aber Stadt und KJR darüber „gemeinsam froh und stolz sein können, was wir schon erreicht haben und in welche Richtung wir da gehen.“ Junge Menschen „müssen Gehör finden und ernst genommen werden“, so die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der SPD-Volt-Fraktion. Sie schlug vor, „2023 zum Jahr der Partizipation“ zu machen. „Das nehmen wir gerne auf“, antwortete KJR-Vorsitzende Judith Greil.
Tatsächlich sieht der KJR-Vorstand Handlungsbedarf und will den ins Stocken geratenen Prozess für ein Münchner Rahmenkonzept Kinder- und Jugendbeteiligung neu beleben. Ein solches Konzept zu erstellen, hatte der Stadtrat 2019 auf Initiative der Jugendverbände, des Münchner Trichters und des KJR beschlossen, noch gibt es dieses Konzept jedoch nicht. Daher hat der KJR-Vorstand umfangreiche Diskussionsimpulse formuliert, die auch Grundlage der Diskussionen an den Themeninseln auf der Vollversammlung waren. Die hier gesammelten Ideen sollen in das Diskussionspapier zum Rahmenkonzept einfließen.
Der Vorstand berichtete außerdem über seine Arbeit des vergangenen Jahres, unter anderem über das im Oktober gegründete AzubiWerk, die jüngste KJR-Israel-Reise und den 9-Punkte-Plan, mit dem der KJR klimaneutral werden soll. Stärkung fanden die Delegierten bei Chili sin Carne, veganer Thai-Suppe sowie als Nachspeise Mandarinen und Lebkuchen, letztere wahlweise auch vegan.
Abschied mit Bob Dylan
Ob Wahl der Sitzungsleitung oder Beschlüsse, etwa über den Wirtschaftsplan 2023 oder die Verteilung der Jugendverbandsförderung, die Abstimmung erfolgte per Smartphone oder Tablet. Jedenfalls, bis die Technik beim letzten Votum versagte. Zur Änderung der Zuschussrichtlinien mussten die Delegierten nochmal die orangenen Stimmkarten aus Papier zücken. Ihre Zustimmung erteilten sie dabei ebenso wie den anderen Anträgen an diesem Abend.
Am Ende verabschiedete Judith Greil eine langjährige KJR-Mitarbeiterin: Sylvia Holhut ist seit 1992 im KJR, hat die Fachstelle Inklusion gegründet, bei der Planung des NS-Dokuzentrums die Interessen von Jugendlichen vertreten und die Fachstelle Demokratische Jugendbildung aufgebaut, die sie seit 2006 leitet. Dabei hat sie viele für den KJR bedeutende Projekte verantwortet und begleitet, vom Dokumentarfilm „Kick it like Kurt” über das Festival für Kultur und Geschichte „Sommer.dok“ bis hin zum Demokratiemobil.
Dennoch ist die große Bühne ihre Sache nicht, Judith Greil musste sie zum Abschied ausdrücklich nach vorne bitten. Sylvia Holhut geht kommendes Jahr nach 30 Dienstjahren in den Ruhestand, dies war ihre letzte Vollversammlung Als klar wurde, dass sie um ein paar Abschiedsworte nicht herum kommt, rief sie den Delegierten zu: „Bleibt stark und mutig, zeigt Haltung für Demokratie. Dafür haben sich Jugendverbände immer starkgemacht!“. Und sie zitierte Bob Dylan: „May you always be courageous, stand upright and be strong. And may you stay forever young!“ Die Delegierten erhoben sich von den Stühlen und dankten mit anhaltendem, stehenden Applaus.
Gecko Wagner, Öffentlichkeitsarbeit, KJR