Großer Bahnhof für Jugendkultur: Nach der Eröffnung im Februar 2021 standen im Gleis 24 auch ohne Werbung jeden Tag neue Jugendliche vor der Tür. Das zeigt, wie sehr Pasing auf diesen neuen Jugendtreff gewartet hat.
Ein Schritt zurück, noch einer, am Ende klettern die Fotografen auf einen Tisch. Anders bekommen sie die vielen offiziellen Gäste nicht aufs Gruppenfoto: Bürgermeisterin Verena Dietl, Stadtschulrat Florian Kraus, mehrere Stadträtinnen und Stadträte, die KJR-Vorsitzende Judith Greil, Abgesandte von Bezirksausschuss, Sozial- und Baureferat und etliche mehr.
Sie und viele andere sind nach Pasing-Nord gekommen, in die Erna-Eckstein-Straße 24. Hier wird Münchens neueste Freizeitstätte offiziell eröffnet, das Gleis 24. „Warum erst jetzt?“, fragt Birgit Kehr ins Mikrofon. Denn die Türen stehen Kindern und Jugendlichen seit bald anderthalb Jahren offen. Kehrs Frage ist rhetorisch, ihre Antwort ebenso kurz wie erschöpfend: „Corona!“.
Die Leiterin hat den Jugendtreff mit ihrem Team aufgebaut, mitten in der Pandemie geöffnet und musste keinerlei Werbung machen. „Jeden Tag standen neue Jugendliche vor der Tür“, berichtet sie. Pasing hat auf diesen Ort gewartet. So wie auf die Kindertagesstätte St. Andreas nebenan. Beide feiern am letzten Schultag vor den Sommerferien gemeinsam Eröffnung.
Auch deshalb sind Stadtspitze und Stadtrat prominent vertreten. Bürgermeisterin Verena Dietl versichert, dass „jeder Euro, den wir in Kinder und Jugendliche investieren, für uns einen hohen Stellenwert hat – auch in Krisenzeiten.“ Dietl lobt auch die gute Kooperation von Kinderhaus und Jugendtreff. Die ist spürbar, beide Einrichtungsleitungen moderieren das Programm gemeinsam, der Festakt findet im Saal des Jugendtreffs statt und jetzt strömen die Kita-Kinder der Eichhörnchengruppe auf die Bühne.
Die Bürgermeisterin und das Publikum zucken erschrocken zusammen. Die Musik zum „Körperteil-Blues“ der Eichhörnchen hat aus Versehen in maximaler Lautstärke begonnen, die Soundanlage ist für Konzerte und Partys ausgelegt. „Normalerweise haben unsere Kindergärten nicht so eine Anlage!“, scherzt Gabriele Stark-Angermeier von der Caritas, die das Kinderhaus betreibt.
KJR-Vorsitzende Judith Greil bringt als Geschenk des Vorstands ein Spikeball-Set mit. Und sie dankt dem Team für die Aufbauarbeit, die es gemeinsam mit jungen Menschen geleistet hat. Wie diese Partizipation praktisch aussieht, illustriert sie an mehreren Beispielen. Angefangen beim Namen „Gleis 24 – Ernas Jugendkulturcafé“ den sie ausgesucht haben. „Die Jugendlichen wollten eine Einrichtung mit Bahnhofsflair“, wegen der Bahngleise nebenan. Der Name verweist auf die Anschrift, „und ‚Jugendkulturcafé‘, weil Jugendkultur einen besonderen Stellenwert haben soll.“
Greil berichtet, dass die Jugendlichen „Kataloge gewälzt, Möbel ausgesucht und dabei vor allem nach gebrauchten Gegenständen gestöbert“ haben. In der „Halle 2“, dem Gebrauchtwarenhaus der Wertstoffhöfe, haben sie die weinrote Riesencouch gefunden, inzwischen ein Lieblingsstück hier. Für die Ausstattung des Bandraums haben sie Musikgeschäfte durchstreift und Instrumente ausprobiert.
Auf die nachhaltige Energieversorgung des Gebäudes weist Detlef Langer vom Baureferat hin. Die 100 Quadratmeter große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach erzeugt 17.000 Kilowattstunden Strom – „damit ist das Haus weitgehend autark.“
Bei so vielen Redebeiträgen werden manche der knapp 30 Kindergartenkinder auf den roten Turnmatten unruhig, drei von ihnen hingegen sind eingedöst. Doch jetzt dürfen sie wieder auf die Bühne: Erst tanzt die Fledermausgruppe, dann singen die „Füchse“ passend zur Neueröffnung „Wer will fleißige Handwerker sehen?“.
Einen Einblick in die gelebte Jugendkultur geben Carel, der auf französisch ein eigenes Stück rappt, sowie Lara und Victoria mit einem selbst choreographierten Tanz. Und wer bisher nichts mit dem Begriff „Mixed Martial Arts“ anfangen konnte, lernt diese Kampfkunst bei der Vorführung von Yorin und Isaac kennen. „Das sieht vielleicht aggressiv aus“, erklärt Leiterin Birgit Kehr, „aber die Jugendlichen sind danach super entspannt.“ „Wir bräuchten das auch“, raunt im Publikum eine Pädagogin der Caritas ihrer Kollegin zu.
Kehr dankt den Gästen aus dem Stadtrat für die Mittel, die sie für die Jugendarbeit zur Verfügung stellen, ihrem Arbeitgeber für das Vertrauen, „nach fast 40 Jahren im KJR“ ein neues Haus aufbauen zu dürfen. Und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Ich bin immer nur so gut, wie mein Team!“. Aber, daran lässt sie keine Zweifel: Das Team ist top!
Gecko Wagner, Öffentlichkeitsarbeit, KJR