Ein paar Stunden Auszeit vom Fluchtalltag – Spielen, Sporteln, Bauen, Basteln und den Fluchtalltag für ein paar Stunden vergessen: das ermöglicht ein Team des KJR ukrainischen Kindern. Die Stadt erwartet, dass der Bedarf noch länger besteht und hat die benötigten Mittel für die kommenden zwei Jahre bereitgestellt. Die Spielaktion ist jedoch auch auf freiwillige Helfer*innen angewiesen und sucht derzeit Ehrenamtliche.
Jeden Tag kommen in München Geflüchtete aus der Ukraine an, auch wenn es inzwischen viel weniger sind als kurz nach Beginn des Krieges. Erste Anlaufstation ist das Ankunftszentrum für ukrainische Geflüchtete in der Dachauer Straße. Wo einst das Goethe-Institut seinen Sitz hatte, registrieren sich nun hauptschlich Frauen mit Kindern für die Erstaufnahme. Das bedeutet nicht nur Anträge und Formulare ausfüllen, es bedeutet vor allem tagelanges Warten, oft eine Woche, manchmal auch länger.
Die Zeit können die haupt- und ehrenamtlichen Helfer*innen des KJR nicht verkürzen, aber erleichtern. Seit 4. April, damals noch am Messegelände in Riem, bieten sie Kindern und Jugendlichen Spiel, Spaß und Lichtblicke.
„Hier ist kein Tag wie der andere“, sagt Andi Mirlach, einer der beiden KJR-Koordinatoren. „Mal warten zehn, mal 60 Kinder auf uns.“ Die Dachauer Straße ist eine Transitstation, die meisten bleiben eine Woche hier, bis ein Wohnplatz gefunden ist. „Jedes Kind ist verschieden“, ergänzt Moritz Greil, der zweite Projektleiter, „und bringt seine eigenen Erlebnisse von der Flucht mit.“ Mirlach, Greil und derzeit 17 aktive ehrenamtliche Helfer*innen stellen sich daher jeden Tag neu auf die Kinder und ihre Bedürfnisse ein.
Dann bauen sie gemeinsam riesige Türme aus Bauklötzen, spielen spannende Fußballmatches „oder lernen ganz neue Spiele, die uns die Kids erst beibringen müssen“, so Mirlach. Wenn mehr Ruhe gefragt ist, basteln sie gemeinsam Papierflieger, malen Kunstwerke oder halten die neuen Freundschaftsbande, die sie dort knüpfen, in Fotocollagen fest. „Wir wissen nie vorher, was uns erwartet, und das ist ja das Schöne daran“, sagt Greil. „Unsere Spielaktion lebt von den Kindern, die hier ankommen. Und auch wenn sie nur für kurze Zeit da sind, erleben sie etwas Einmaliges, eine Auszeit vom Alltag.“
Seit den ersten Tagen am Messegelände Riem ermöglicht das KJR-Team den Kindern ein bisschen Normalität, ein bisschen Kindheit und das Recht auf Spiel. Im Juli zog das Ankunftszentrum ins ehemalige Goethe-Institut in der Dachauer Straße, dort liegt heute der Schwerpunkt der KJR-Spielaktion. Seit Ende August sind die Spielbegleiter*innen sogar täglich vor Ort, sieben Tage die Woche. Dank vieler ehrenamtlicher Helfer*innen konnten Kinder nicht nur dort, sondern auch in anderen Unterkünften in der ganzen Stadt Spielspaß und kleine Highlights erleben.
In der Unterkunft an der Neuherbergstraße zum Beispiel bieten Freiwillige mindestens einmal wöchentlich ein buntes Programm von Perlenketten-Basteln über Schminken bis zur Schnitzeljagd, bei der Kinder sich als Gewinn eigenes Spielzeug erspielen können. Möglich machen das dort die „Students for Children“, gemeinsam mit Pädagoginnen und Pädagogen aus dem Kinderhaus und Jugendtreff Harthof.
Die Helfer*innen zeigen den Kindern nahegelegene Freizeiteinrichtungen und geben Infos zu Sportvereinen. „Wir haben schon Kinder und Eltern von fast allen Münchner Unterkünften in benachbarte Freizeitstätten begleitet“, sagt Mirlach. Das soll ihnen den Weg aus der Unterkunft heraus erleichtern und sie mit ihrem Stadtviertel bekannt machen.
Mit den Kids aus der Dachauer Straße brechen sie wöchentlich zur Oase Neuhausen auf, die sowohl einen Abenteuerspielplatz als auch einen Jugendtreff bietet. „Die anfängliche Schüchternheit der Geflüchteten und auch der anderen Kinder und Jugendlichen vor Ort haben wir mit selbstgemachten Spiralpommes oder Popcorn überwunden und ganz großartige gemeinsame Stunden verbracht“, berichtet Mirlach.
Wie sehr die Kinder und Jugendlichen die Zeit genießen, merken die Spielbegleiter*innen spätestens, wenn das unbeschwerte Spiel am Ende des Tages vorbei ist und sie das Material aufräumen wollen. Und wenn sie dabei manchmal „kaum gegen den Spieldrang von zehn Kindern ankommen, die sich am Trampolin festgehängt haben“, berichtet Greil lächelnd. Er und die anderen werden von den ukrainischen Kindern Spiele-„Djadko“ genannt, ukrainisch für „Onkel“, also Spiele-Onkel oder -Tanten.
Auch die Stadt schätzt das Engagement und die Angebote des KJR für die ukrainischen Geflüchteten. Und sie geht inzwischen davon aus, dass diese noch eine ganze Weile notwendig sein werden. Daher hat der Stadtrat für die Jahre 2023 und 2024 jeweils 170.850 Euro bewilligt. Trotz dieser Mittel lebt die Spielaktion ganz wesentlich von den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, ohne die die meisten Angebote nicht möglich wären. Mirlach und Greil suchen daher weiterhin nach Freiwilligen, die geflüchteten Kindern und Jugendlichen Freude schenken wollen. Sie sind per E-Mail unter der – noch zu Messe-Zeiten eingerichteten – Adresse erreichbar.