Der Kreisjugendring München-Stadt wurde am 5. Dezember 1945 – zunächst als „Jugendkomitee München“ – gegründet.
Wie ist es dazu gekommen?
Wir blicken ein paar Jahrzehnte zurück …
Am 30. April marschierten amerikanische Truppen in München ein. Damit war die bayerische Landeshauptstadt eine Woche vor der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 7. Mai 1945 befreit.
Für die Alliierten stellte sich die Frage, was mit Deutschland und den Deutschen geschehen sollte. Entsprechende Szenarien und Pläne wurden dazu entworfen. Die größte Bedeutung hatte dabei die Potsdamer Konferenz. Das am 2. August 1945 unterzeichnete Potsdamer Abkommen verlangte die völlige Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands, die Dezentralisierung der gesamten Industrieproduktion, die Vernichtung der NSDAP und der ihr angeschlossenen Gliederungen und Unterorganisationen sowie die juristische Verfolgung der Kriegsverbrecher.
Auch hinsichtlich der Jugend und ihrer zukünftigen Erziehung findet sich im Potsdamer Abkommen ein wichtiger Satz:
„Das Erziehungswesen in Deutschland muß so überwacht werden, daß die nazistischen und militaristischen Lehren völlig entfernt werden und eine erfolgreiche Entwicklung der demokratischen Ideen möglich gemacht wird.“
Dies wurde zum Leitsatz der amerikanischen Jugendpolitik im Rahmen des „Reeducation“-Programms, das nicht nur auf einen institutionellen Wandel, sondern vor allem auf eine geistig-kulturelle Umerziehung abzielte.
Die Amerikaner verlangten von den Deutschen, die Bildung „starker Jugendgruppen“ zu fördern.
Bevor die Jugendgruppen zugelassen wurden, war die Bildung eines „Jugendkomitees“ zu veranlassen, das aus Männern und Frauen bestehen musste, die die unterschiedlichen Interessen der Erziehungsinstitutionen, der Kirchen, der Wohlfahrts- und Gesundheitsbehörden und der verschiedenen ökonomischen Gruppen vertreten sollten. Die Mitglieder der Jugendkomitees seien, so die amerikanische Vorgabe, von der Organisation, die sie repräsentierten, zu wählen. Gefordert wurde somit ein demokratischer Aufbau dieser Komitees.
In München veranstaltete das Jugendkomitee im kleinen Sitzungssaal des Rathauses am 10. November 1945 seine erste provisorische Sitzung. Die konstituierende Sitzung unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Karl Scharnagl folgte am 5. Dezember 1945. Somit gilt dieser Tag als Gründungsdatum des Münchner Jugendkomitees und damit des Kreisjugendring München-Stadt. Offizieller Vorsitzender war zunächst Karl Scharnagl, Anton Fingerle fungierte als sein Stellvertreter und war mit der Geschäftsführung betraut.
Aufgaben des Jugendkomitees waren:
- den bürokratischen Prozess verwalten, der sich mit der Lizenzierung neuer Jugendgruppen und Jugendverbände ergab
- neu gegründete Jugendverbände bzw. -gruppen den amerikanischen Besatzungsbehörden zur Lizenzierung empfehlen
- unter amerikanischer Kontrolle, aber letztlich in eigener Verantwortung die Aufsicht über die Jugendgruppen und ihre Aktivitäten führen.
Von 1946 bis 1971 hatte Stadtschulrat Anton Fingerle den Vorsitz inne.