Langfristig spontan

Benedikt Kämmerling, Einrichtungsleiter Kinder- und Jugendtreff Zeugnerhof:

„Ich halte die hohe Fachlichkeit und den eindeutigen jugendpolitischen Standpunkt für wichtige Argumente für diesen Arbeitgeber.“

Interview: Marko Junghänel
(Mai 2013)

Der KJR lässt dich offensichtlich einfach nicht mehr los …

Das kann man so sagen. Angefangen hat alles 2005. Da war ich als Zivi im Haus. Das war wohl der Anlass, sich auch danach weiter mit den Aufgaben und Angeboten des KJR zu beschäftigen. Jedenfalls bin ich dann als Honorarkraft in das Arbeitsfeld der Offenen Ganztagsschule eingestiegen. Anschließend wollte ich studieren, musste allerdings auf meinen Platz warten und habe die Zeit mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr überbrückt – natürlich auch beim KJR. Seit Anfang 2012 bin ich schließlich in Vollzeit beim KJR beschäftigt.

Also durch Zufall reingekommen – aber aus Überzeugung geblieben?

Ich komme aus Berchtesgaden und wollte nach dem Abi von dort weg. Ein Freund, der damals hier in München in einer Einrichtung des KJR gerade ein Praktikum gemacht hatte, gab mir den Tipp, im Intermezzo – einer anderen Einrichtung des KJR – nachzufragen, ob ich dort nicht meinen Zivildienst ableisten könnte. Das hat geklappt. Dabei ist endgültig der Funke übergesprungen und mir wurde klar, dass ich gern mit Kindern und Jugendlichen arbeiten möchte.

Wenn ich ehrlich bin, kam noch ein anderer Umstand hinzu: Mein Vater ist Lehrer – ich selbst wollte eigentlich auch auf Lehramt studieren. Was ich aber aus dem Alltag meines Vaters gesehen habe, hat mich eher davon abgehalten. Ich wollte nicht im „System Schule“ enden.

Mit der Offenen Ganztagsschule habe ich etwas gefunden, bei dem man ganz anders mit den Kindern arbeiten kann. Alles baut auf Freiwilligkeit auf. Im schulischen Kontext glauben Kinder, dass sie das alles für die Eltern, die Pädagoginnen und Pädagogen bzw. Lehrkräfte machen. Unsere Motivation ist es dagegen, zu zeigen, dass sie alles für sich selbst tun. Wir ermöglichen einen Perspektivenwechsel.

Ist die Arbeit im sozialen Bereich – insbesondere beim KJR – deshalb vielleicht auch gut für Quereinsteiger geeignet?

Definitiv. Man sollte sich allerdings nicht diesem Berufsfeld mit der Überzeugung nähern, ein Helfer für nicht mündige Kinder und Jugendliche zu sein. Man muss den Kindern nicht sagen, was gut ist oder was aus Sicht des Pädagogen gut ist. Man sollte sie stattdessen  befähigen, Optionen zu entwickeln, sie motivieren, ihren eigenen Lebensweg zu finden und dafür ihre Ressourcen stärken.

Dabei haben wir die Aufgabe zu signalisieren, dass wir ihnen natürlich helfen, wenn sie das wollen, z. B. bei einem Bewerbungsschreiben. Kinder sollen zu mündigen Menschen heranwachsen.

Treffen sich da deine pädagogischen Visionen mit denen des KJR?

Ich habe wenig Erfahrung mit anderen Trägern. Ich weiß aber aus Erzählungen von Kolleginnen, Kollegen und Bekannten, dass es dort viele Vorgaben gibt, die die pädagogische Arbeit nach meinen Vorstellungen einschränken.

Die notwendige Entscheidungsfreiheit in pädagogischen Prozessen zu haben, ist für mich extrem wichtig. Hier im KJR muss ich nicht für jede noch so kleine Entscheidung Rücksprache mit der Leitung halten. An der Zusammenarbeit im Team schätze ich vor allem das gegenseitige Vertrauen.

Diese Form der Arbeit und dieses Grundverständnis sind notwendig, weil jedes Kind anders ist und ich in seinem Sinne den jeweils besten Weg finden will. Insofern ist diese Arbeit auch nie langweilig. Jede Generation hat zudem neue Ideen und Rahmenbedingungen des Aufwachsens.

Außerdem halte ich die hohe Fachlichkeit und den eindeutigen jugendpolitischen Standpunkt innerhalb des KJR für wichtige Argumente für diesen Arbeitgeber.


Berufseinsteigern fehlen in der Regel die Erfahrung und die hohe Fachlichkeit. Ein Grund, sich nicht für den KJR als Arbeitgeber zu interessieren?

Ich finde, dass vor allem die Offene Ganztagsschule ein wunderbarer Einstieg in die Soziale Arbeit ist. Man kann mit relativ festen Gruppen und in einem abgesicherten Rahmen agieren. Innerhalb dieses Rahmens stehen aber die unterschiedlichsten Wege offen; hier sind Ideen und auch Spontaneität gefragt. Durch die längere Beziehungsarbeit lernt man die Kinder gut kennen und baut enge Kontakte zu ihnen auf. Es gibt kaum ein anderes Arbeitsgebiet, in dem man sein theoretisches Wissen so schnell und direkt in der Praxis verifizieren kann.

Nachtrag 2021

Benedikt Kämmerling wechselte 2015 in den Club Hasenbergl als Einrichtungsleitung, um die Pädagogik eines Hauses mitzuprägen und mehr Verantwortung zu übernehmen. Er bleibt auch weiterhin dem KJR treu und konnte sich weiterentwickeln. Seit 2020 leitet Benedikt die offene und schulbezogene Kinder- und Jugendarbeit im KJT Zeugnerhof in Berg am Laim.

„Der Schulbezug wie auch die pädagogischen Herausforderungen der offenen Arbeit an einer Arbeitsstelle komplettieren meinen Werdegang und zeigen, wie sehr ich im KJR eine fachliche und berufliche Entwicklung kombinieren konnte und auch weiterhin meine Zukunft beim diesem Träger sehe.“